Gruppenzwang - ein Experiment

Wie wirken offensichtliche Fehlentscheidungen der Gruppe auf den Einzelnen?

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Gruppenzwang - ein Experiment

Jeder Mensch hat schon einmal die Auswirkungen von Gruppenzwang gespürt. Angefangen in der Schule, wo jeder zu den "coolen" Kids gehören wollte, bis hin zur Arbeitswelt, in der Andersdenkende belächelt und ignoriert werden.

Der Mensch ist ein Herdentier, das ist keine Frage. In früheren Zeiten hätten wir auch gar nicht alleine in freier Wildbahn überleben können. Schon unsere Ahnen gründeten Stämme, Dörfer, Städte und konnten so im Laufe der Zeit überleben und die Menschheit dort hinbringen, wo wir heute sind. Für einen Einzelnen wäre dies unmöglich gewesen.

Nun sind wir im Zeitalter der Digitalisierung angekommen. Doch wenn man sich genau umsieht, könnten wir es auch das Zeitalter der Werbung und des Medienkonsums nennen. Jedes Individuum besitzt ein Smartphone, denn es ist auch völlig unverständlich, warum man keines besitzen sollte, nicht wahr? Social Media ist immer noch der Hit und wer nicht jederzeit über das gesamte Vorgehen auf der Welt Bescheid weiß, wird als unwissend betitelt. Wir zwingen uns gegenseitig, ständig mithalten zu wollen, und als wäre das Leben nicht schon hektisch genug, steigern wir uns noch weiter hinein. Dies führt zu psychischen Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen.

Doch sind wir dazu verdammt, immer mit dem Strom zu schwimmen? Müssen wir uns immer der Meinung der Gruppe beugen, die eventuell nicht unsere eigene ist? Mitnichten. Allerdings erweist es sich als äußerst schwierig, sich dem sogenannten Mainstream entgegenzustellen, da jeder Mensch auf Zuneigung, Lob und Akzeptanz anderer Menschen angewiesen ist. Dies gehört zu den Grundbedürfnissen und dieses Bedürfnis, einem Urinstinkt gleich, weckt in uns das Verlangen, zur Gruppe zu gehören und nicht als Außenseiter zu gelten.

Wie stark wir von einer Gruppe beeinflusst werden, wollen wir uns nun einmal genauer ansehen.

Asch's Experiment

Der Psychologe Solomon Asch veröffentlichte 1951 ein Experiment, welches die Gruppenkonformität, also die Eingliederung eines Menschen in eine Gruppe und Anpassung an diese, auf die Probe stellen sollte. Es sollte aufzeigen, wie stark der Druck der Meinung einer Gruppe auf eine Person wirkt, selbst, wenn er oder sie anderer Meinung ist und die Meinung der Gruppe offensichtlich falsch!

Die Vorbereitung sah wie folgt aus:

Die Testperson wurde in einen Raum geführt, in dem sich weitere Testpersonen befanden. Ihr wurde erzählt, dass die anderen auch an dem Test teilnehmen. Was ihr aber verschwiegen wurde, war die Tatsache, dass die weiteren Teilnehmer zum Test gehörten und vorgegebene Antworten geben sollten.

Die Karten des Ash Experiments

Es wurden Karten ähnlich dieser gezeigt und alle Testpersonen sollten sagen, welcher Strich der linken Karte die gleiche Länge hat, wie der Strich der rechten Karte. Es lässt sich bemerken, dass der Unterschied leicht mit bloßem Auge erkennbar ist.

In den ersten paar Durchgängen gaben die eingeweihten Personen zusammen mit der jeweiligen Testperson ihre wahre Einschätzung ab, um so Vergleichswerte zur "normalen" Gruppe zu erhalten. Mit diesem Aufbau antworteten die Probanden in 99% der Fälle richtig.

Im anschließenden Test wurde pro Durchlauf, also pro Testperson, 18-mal die Frage erhoben, welcher Strich die gleiche Länge zum Referenzstrich besitzt. Dabei gaben die eingeweihten Personen willkürlich, aber alle gemeinsam 12-mal die falsche Antwort und 6-mal die richtige Antwort, damit der Proband nicht misstrauisch wird.

Ergebnisse

Bei der Auswertung fielen dann die Ergebnisse ins Auge:
Von allen Fragen wurden 37% von den Probanden falsch beantwortet. Sie beugten sich der fehlerbehafteten Meinung der Gruppe und ignorierten ihre eigene Meinung.

Betrachtet man stattdessen die Anzahl der beeinflussten Personen, so gaben 75% der Probanden mindestens 1 falsche Antwort und ließen sich durch die Gruppe beeinflussen. Davon folgten 5% sogar immer der Gruppe, so, als hätten sie keine eigene Meinung.

Die restlichen 25% weigerten sich, den offensichtlich falschen Aussagen der Gruppe zu folgen.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass es uns Menschen sehr schwer fällt, sich gegen eine Gruppe anderer Menschen zu richten, selbst wenn wir vollends von der eigenen Meinung überzeugt sind. Je größer die Gruppe ist, welche die falsche Antwort gibt, desto schwieriger fällt es dem Einzelnen, sich dagegen zu wehren.

Allerdings fiel in weiteren Tests auf, dass es der Testperson leichter fällt, sich gegen die Gruppe zu stellen, wenn auch nur ein oder zwei weitere Personen der "Minderheit" beitreten und ebenfalls eine widersprüchliche Antwort zur Überzahl der Gruppe geben.

Wenn du dich nicht immer nur der Gruppe beugen willst, so bist du nun hoffentlich in der Lage, eine derartige Situation zu erkennen und kannst daran arbeiten, deine eigene Meinung entgegen der vieler Anderer zu vertreten. Dies bedeutet natürlich nicht, dass du immer den Querulanten spielen sollst. Es kann sich jedoch durchaus als sinnvoll erweisen, etwaige (Fehl-)Entscheidungen der gerade anwesenden Gruppe zu hinterfragen, bevor noch etwas Schlechtes passiert.

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